Tinder-Erfahrung und die reale Beziehung

Frau K. und Herr B. sind ein junges Paar und kennen sich seit knapp einem Jahr. Seit gut vier Monaten leben sie zusammen. Es ist für beide die erste „richtige“ Beziehung. Sie haben sich auf der Dating-App “Tinder“ kennengelernt. Beide betonen, ihnen sei es nicht um unverbindlichen Sex gegangen, sondern lediglich darum, auf unkomplizierte Weise jemanden kennenzulernen. Nach wenigen konkreten Treffen schien es für beide stimmig und sie „wurden ein Paar“. Schnell war für beide klar, dass sie auch zusammen wohnen wollen. Am Anfang ging dies sehr gut. Beide schwebten im siebten Himmel.

Der Beziehungsalltag holte das Paar indes ein, als an einem Fest ein ehemaliger Freund von Frau K. ebenfalls anwesend war. Die Party war ziemlich ausgelassen und so fand Herr B. seine Partnerin in einem vertrauten Gespräch mit ihrem Ex-Freund wieder. Herr B. reagierte nach der Party sehr eifersüchtig und unterzog Frau K. einem regelrechten Verhör. Diese ihrerseits deckte Herrn B. mit Vorwürfen ein. Da beide nicht wirklich konfliktfähig waren, bestraften sie sich gegenseitig mit Schweigen. Bis es Herr B. nach einigen Tagen nicht mehr aushielt und den Vorschlag machte, gemeinsam eine Paarberatung zu beginnen (Herr B. kannte mich von einem früheren berufsbezogenen Coaching). Frau K. weigerte sich wochenlang standhaft, weil sie von der Schuld ihres Partners weiterhin überzeugt war. Als das Klima in der gemeinsamen Wohnung immer unerträglicher wurde, wandte sie sich dann an mich.

In wenigen Sitzungen konnten sie sich gegenseitig mitteilen, was sie wirklich vom Gegenüber und von der gemeinsamen Beziehung erwarteten. Die beiden konnten sogar über verheimlichte Ängste und Sehnsüchte reden und wurden dabei vom Partner nicht entwertet. Diese Erfahrung hat dem Paar zwar den Glamour einer lockeren Beziehung genommen, dafür gewannen Frau K. und Herr B. ein Gefühl für Verbindlichkeit und Toleranz. Beide geniessen heute die neue Geborgenheit in der Beziehung.