Wenn die „Schönwetter-Beziehung“ auf die Probe gestellt wird

Herr M. und Frau A.: Ein junges Paar, das noch nicht lange zusammen lebt. Herr M. ist als Einzelkind behütet aufgewachsen und musste in seinem Leben noch keine wirklichen Prüfungen bestehen. Frau A. ist mit einer alleinerziehenden und alkoholabhängigen Mutter aufgewachsen. Diese gegensätzlichen Familiengeschichten haben sich offenbar angezogen und es hat auch gut geklappt, solange keine Probleme auftraten.

Krankheit der Partnerin – Überforderung des Partners

Dann erfährt Frau A. bei einer Routineuntersuchung, dass sie sich einer Operation unterziehen muss, die nicht ganz ungefährlich ist. Diese Mitteilung stürzt Frau A. in ein emotionales Chaos, in dem sie sich von Ihrem Partner Halt und Unterstützung erhofft. Dieser wird durch die Situation indes selbst überfordert und taucht emotional und zeitweise sogar physisch ab. Frau A. fühlt sich einsam und verlassen. Gefühle aus ihrer Jugend kommen bei ihr wieder hoch, Erfahrungen mit ihrer alkoholkranken Mutter. In dieser Situation wendet sich das Paar an mich. Nach einem turbulenten Erstgespräch mit vielen gegenseitigen Vorwürfen beginnt das Paar eine Paartherapie.

Schönwetter-Beziehung versus Beziehungsrealität

Es wird ein in jeder Hinsicht anstrengender Prozess. Nach erfolgreicher Operation muss sich Frau A. regelmässig schmerzhaften Untersuchungen unterziehen. Sie erhält hierfür schwere Medikamente, die auch auf ihre Psyche einen Einfluss nehmen.
Bei Herr M. geschieht in dieser Zeit eine Reifung vom verwöhnten Mann, der gegenüber einer verbindlichen Beziehung konkrete Vorbehalte hegt, hin zu einem engagierten Partner, der seine Frau in den schweren Zeiten nach der Operation wirksam zu unterstützten lernt. Dieser Wandel und die gemeinsamen Erfahrungen der Krankheit vermochten aus zwei Einzelpersonen ein Paar zu machen.

Ängste und Sorgen dem Partner, der Partnerin mitteilen (Kommunikation)

Beide bestätigen nach Abschluss der Paartherapie, dass es für sie wichtig gewesen sei, gemeinsame Entscheide nicht im Affekt zu treffen, belastende Situationen gemeinsam auszuhalten und sich einander regelmässig mitzuteilen. Herr M. hat die Erfahrung machen können, dass Verbindlichkeit nicht die Eigenständigkeit bedroht, sondern vielmehr die Voraussetzung für eine gelungene Beziehung ist. Heute ist das Paar verheiratet und hat zwei Kinder.